Keine Werbung für Kinder- und Menschenhandel in Deutschland!
Stoppt die Kinderwunschmesse „Wish for a Baby“ in Berlin und Köln!
Vom 18. bis 19. März 2023 findet in Berlin und vom 21. Bis 22. Oktober 2023 in Köln die diesjährigen Kinderwunschmesse „Wish for a Baby“[1] statt. Auf dieser Messe wird – neben Informationen zu Reproduktionsmedizin – die in Deutschland nach wie vor strafbare Leihmutterschaft und Eizellenspende beworben.
Wir als Feministinnen protestieren entschieden gegen diese Veranstaltung. Leihmutterschaft und Eizellenspende sind eine Menschenrechtsverletzung und eine Form des Menschenhandels.
Hier haben wir eine Petition gegen die Kinderwunschmesse gestartet.
Leihmutterschaft, Eizellen- und Embryonenhandel sind in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz strafbar. Eine Leihmutterschaftsvermittlung ist in Deutschland nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz unter Strafe gestellt.[2] Nicht strafbar machen sich hierzulande lediglich die betroffene Frau und die sogenannten Bestelleltern. Die Kinderwunschmesse operiert an der Grenze des Erlaubten.
Dennoch wird vor allem von Seiten der FDP, aber auch der Grünen die Idee der Legalisierung einer sogenannten altruistischen Leihmutterschaft und der Eizellenspende in Deutschland vorangetrieben.[3] Feministische Expertinnen betonen, dass auch „altruistische“ Leihmutterschaft oder staatliche Regulierung diese Form der reproduktiven Ausbeutung und des Menschenhandel nicht verbessern, sondern sie im Gegenteil normalisieren und ausweiten.[4]
Aussteller Feskov des wegen Menschenhandels angeklagten Dr. Alexander Feskov
Besonders brisant ist, dass auf der diesjährigen Kinderwunschmesse die ukrainische Feskov Human Reproduction Group[5] als Aussteller[6] auftritt. Der Klinikbetreiber Alexander Feskov[7] ist laut IMABE[8] – dem Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik – seit 2021 in der Ukraine wegen Menschenhandels angeklagt. In Tschechien lief gegen ihn ein Ermittlungsverfahren. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass die Messebetreiber eine justiziable Form der Beihilfe zum Menschenhandel leisten, indem sie Feskov ein Podium bieten. Ethisch fragwürdig ist seine Teilnahme ohnehin.
Bereits 2020 war Feskov laut Tagesspiegel auf einer Kinderwunschmesse in Berlin vertreten und machte vergleichsweise günstige Angebote für den Kinderkauf. Angeblich finden bei Feskov „jährlich etwa zehn deutsche Wunscheltern eine Leihmutter. Zahlen müssen sie zwischen 37.000 und 89.000 Euro.“ In den USA ist der Kinderkauf wesentlich teurer. „Das Western Fertility Institute in Kalifornien beispielsweise, bei dem derzeit vier deutsche Paare in Behandlung sind, bietet ein „One Stop“-Paket. Nach einmaliger Zahlung von 155.000 US-Dollar würden die Wunscheltern garantiert ein gesundes Baby erhalten – eine Zwillingsgeburt kostet weitere 30.000 Dollar.“[9]
Feskov ist in seinem Gesamtverfahren und auch in der Selbstdarstellung ein besonders drastisches Beispiel für die Praxis von Leihmutterschaft und Eizellenspende.
So bieten sie ein „garantiertes Remote-Programm“ an, mit dem auch aus weiter Entfernung ein Kind bestellt und an einem Wunschort von seiner Mutter entbunden werden kann. Spermien werden in die Ukraine geliefert, Eizellen können ebenfalls geliefert oder von einer sogenannten Eizellenspenderin bestellt werden. Auch Embryonen nimmt die Agentur an. Vor Ort werden die Embryonen dann in die erste Mutter („Leihmutter“) eingesetzt. Die Entbindung findet in Tschechien, Belgien, Niederlande, Österreich, Großbritannien, USA, Kanada, Portugal oder Griechenland statt. Die erste Mutter wird also – je nach Gesetzegebung des Ziellandes – schwanger oder kurz vor Entbindung in das jeweilige Land entsendet und bringt dort ihr Kind zur Welt. [10]
In der Ukraine sind Leihmutterschaft und Eizellenspende legal. Allerdings dürfen Kinder nur an verheiratete, unfruchtbare Paare verkauft werden. Das Unternehmen spricht als Kunden aber auch homosexuelle Paare und alleinstehende Männer an. Daher werden die Gesetze in der Ukraine umgangen, indem die erste Mutter kurz vor der Geburt z.B. nach Tschechien transferiert wird. Nach der Geburt im Zielland werden die ersten Mütter gezwungen, sich als biologische Mütter anzugeben und ihre elterlichen Rechte an die Kaufeltern aus dem Ausland abzugeben.[11]
Zum Zweck der reproduktiven Ausbeutung im Rahmen der Leihmutterschaft werden vor allem Frauen mit niedrigem Einkommen akquiriert. Diese erhalten 10.000 EUR – also einen Bruchteil des Kaufpreises, aber ein 3-faches durchschnittliches Jahresgehalt in der Ukraine.[12]
Feskov garantiert in seinem Paket „VIP Guarantee Remote“ ein gesundes Kind mit Wunschgeschlecht.
„Gemäß den Bedingungen des Pakets VIP Guarantee Remote garantiert das Zentrum für menschliche Reproduktion von Professor A. Feskov die Geburt eines gesunden Babys mit Geschlechtsbestimmung. Im Falle einer Fehlgeburt wird das gesamte Programm unabhängig von der Dauer der Schwangerschaft / des Todes des Kindes vor der Geburt auf unsere Kosten wiederholt, bis die angeblichen[13] Eltern ein Baby bekommen.“[14]
Auf der deutschsprachigen Website wird wiederholt betont, dass die Ware Kind dem Wunsch der Käufer entsprechend zur Verfügung gestellt wird. Die Vorteile des ukrainischen Erbguts werden besonders hervorgehoben.
„Gene der Ukrainerinnen heißen Schönheit und Gutmütigkeit, Friedensliebe und Arbeitsamkeit, Ausdauerfähigkeit und Weiblichkeit, wie bei echten Wirtinnen des heimischen Herdes. Das sind Kernwerte. Aber bei Umständen weisen ukrainische Gene die ganze Kraft der Freiheitsliebe, Kampflust und Tapferkeit auf. Solch eine Ansammlung von unikalen Eigenschaften sagt von guten, gesunden Genen.
Die ukrainische Genetik hat noch auch solch einen Vorteil, dass sie uralt genug und auf dem Euroasiatischen Kontinent verbreitet ist. Der einen Version nach können die Ukrainer Urgroßeltern von allen gegenwärtigen Europäern sein, deshalb ist die Ähnlichkeit auf dem genetischen Niveau bei Spendern und Eltern des zukünftigen Kindes bis zu einem gewissen Grad gesichert.“[15]
Feskov bietet auch „IVF-Programme mit Eizellen oder Sperma der Spender des asiatischen, afroamerikanischen, indischen und skandinavischen Phänotyps.“ Sie bezeichnen es als „Gene verschiedener Rassen“. Die Keimzellen werden nach eigener Angabe vor allem über internationale HochschulstudentInnen gewonnen.[16]
„Um sicherzustellen, dass Ihr Kind gesund geboren wird, verwenden wir die genetische Präimplantationsdiagnostik, die wir mit der effektivsten Methode NGS (Sequenzierung der neuen Generation) durchführen. Auf diese Weise können Sie einen Embryo ohne chromosomale und genetische Anomalien sowie das Geschlecht des zukünftigen Kindes auswählen. Das Ergebnis eines internationalen Eizellspende-Programms ist ein gesunder Sohn oder eine gesunde Tochter, die wie Sie aussieht.
Wir wählen sorgfältig Spenderinnen aus, die der zukünftigen Mutter so phänotypisch ähnlich wie möglich sind, um alle ihre inhärenten Merkmale zu erhalten: Hautfarbe, Augenform, Haarfarbe. Das geborene Kind weist äußere Merkmale auf, die für seine Eltern charakteristisch sind.“[17]
„Eine Spenderin für eine zukünftige Mutter aus Indien zu finden, ist eine Aufgabe, die möglicherweise gelöst werden kann. Unsere Datenbank enthält Spenderinnen mit jedem für Indianer[18] typischen Hautton: von hell (und sogar blass) bis gesättigt dunkel. Mandelförmige dunkle Augen und dunkles Haar gehören ebenfalls zu den charakteristischen Merkmalen der indischen Rasse. Insbesondere muss die Größe der Spenderin nahe an der Größe der Kundin liegen.“ [19]
Es wird somit kein Hehl daraus gemacht, dass Feskov gezielte Selektion und Eugenik betreibt und sexistischen und rassistischen Prinzipien folgt.
Kinderverkauf an alleinstehende Männer
In die Schlagzeilen geriet Feskov unter anderem dadurch, dass sie in Prag Kinder an alleinstehende Männer verkauften. Auch weiterhin wird auf der Website der Verkauf an alleinstehende Männer beworben.[20]
Kinder aus Leihmutterschaft an alleinstehende Männer zu verkaufen ist europaweit in der Leihmutterschaftsindustrie verbreitet[21], aber mit massiven Gefahren für diese Kinder verbunden. Es existieren zahlreiche Fälle[22] von Kindesmissbrauch durch alleinstehende oder verpartnerte Männer, die Babys für Missbrauch kaufen. Im Gegensatz zu Adoption findet bei Leihmutterschaft kaum eine Überprüfung der Kinderkäufer statt.
„Niemand prüfe, wer die Babys „bestellt“ – ob diese Menschen ein Neugeborenes richtig versorgen können oder ob sie eine Gefahr für das Kind darstellen könnten, sagt Zdenek Kapitán, Direktor des Amtes für Internationalen Kinderschutz in Tschechien (vgl. Seznam Zprávy, 1.6.2022). Strenge Standards, wie sie bei Adoptionen eingehalten werden müssen, würden wegfallen.“[23]
Das tschechische Medienportal Seznam Zprávy hatte im Sommer 2022 die mafiösen Strukturen hinter Feskov aufgedeckt. Mindestens 30 Kinder, die in Prag durch Leihmütter geboren wurden, sind seit 2019 entgegen der tschechischen Gesetzgebung an Ausländer verkauft worden.
Sechs Mitarbeiter von Feskov haben angeblich 1,2 Millionen Euros mit dem Handel von ungeborenen oder neugeborenen Babys verdient. Prag ist laut Kriminologen eine Art Logistik-Zentrum für das gesamte Geschäft.[24]
"Die Väter, die die Kinder bekommen, sind oft im fortgeschrittenen Alter, der älteste ist 66 Jahre alt, und in einigen Fällen herrschte absolute Unkenntnis und Unerfahrenheit der Väter in Bezug auf die Notwendigkeit, sich um neugeborene Kinder zu kümmern", sagt Polizeisprecher Ibehej.[25]
Die strafrechtliche Verfolgung gestaltet sich allerdings als schwierig.
"Einfach ausgedrückt: Das Prinzip, dass ein Mann sich an eine Klinik wendet, den geforderten Betrag bezahlt, das Sperma entweder direkt an die Klinik übergibt oder an die Klinik schickt und nach einem Jahr in die Tschechische Republik kommt, um das neugeborene Kind in Empfang zu nehmen, wobei das Kind eine bloße Ware ist, ein Tausch gegen Geld, erscheint zwar aus der Sicht eines Laien als Kinderhandel, aber nicht aus strafrechtlicher Sicht", erklärt Ibehej, ein Sprecher des Nationalen Zentrums gegen organisierte Kriminalität.
Um den Tatbestand des Kinderhandels nach tschechischem Recht zu erfüllen, müssten die Polizeibeamten beweisen, dass die Kinder absichtlich bei Pädophilen untergebracht oder für Pornodrehs verwendet wurden. Und das ist nicht bestätigt worden. Es wäre dasselbe Verbrechen, wenn die Mütter gezwungen würden, ihre Körper zu "vermieten".[26]
Feministinnen fordern das Verbot von Eizellenspende und Leihmutterschaft
Feministinnen kritisieren Leihmutterschaft und Eizellenspende insgesamt und fordern ein internationales Verbot. Die Ausbeutung von Frauen und der menschenrechtswidrige Umgang mit Kindern ist auch bei einer sogenannten altruistischen Leihmutterschaft oder dem Versuch einer Regulierung gegeben.
Warum lehnen Feministinnen Eizellenspende und Leihmutterschaft ab?
1. Bei dieser Praxis wird die Würde, die körperliche Integrität und Gesundheit sowie das Selbstbestimmungsrecht von drei Frauen verletzt:
Die Frau, die von ihrem Partner und/oder dem Umfeld zu einer Schwangerschaft gedrängt wird und ein ihr unbekanntes Baby versorgt.
Die Frau, der unter hohen gesundheitlichen Risiken ihre Eizellen entnommen werden.
Die Frau deren Körper für das Austragen und Gebären des Kindes ausgebeutet wird.
2. Die Rechte des Kindes werden verletzt. Unter anderem
Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung.
Das Recht auf persönlichen Umgang und Bindung mit und zu seiner Mutter (Artikel 9 der UN-Kinderrechtskonvention)
Das Recht nicht Opfer von Kinderhandel zu werden. (Artikel 35)
3. Frauen und Kinder werden zur käuflichen Ware degradiert. Das reproduktive Potenzial von Frauen wird ausgebeutet. Der Körper wird als verkäufliche Ressource gesehen.
4. Die Praxis bedeutet internationaler Kinder-, Menschen- und Organhandel.
5. Die Bindung zwischen Mutter und Kind wird ignoriert und bewusst zerschnitten.
Die Feministin Stefanie Bode schreibt:
“Als Feministinnen lehnen wir die Vorstellung ab, dass Frauen ihren Körper für eine Schwangerschaft leasen können, und dass Frauen dem Handel mit ihren Babys zustimmen können. Ganz gleich, ob diese Praxis das Etikett "altruistische" oder "kommerzielle" Leihmutterschaft trägt.
Sie ist immer schädlich. Sie schadet unserer Gesundheit, sie beutet unsere Körper aus; sie ist abhängig von globalen Ungleichheiten und verschlimmert diese; sie verletzt unsere Würde, unsere körperliche Unversehrtheit und viele andere unserer Menschenrechte. Sie ist eine Form der Sklaverei (von Frauen und Kindern), und natürlich ist sie Gewalt gegen Frauen und Kinder. Sie macht Babys zu einer Ware. Es ist sehr grausam und unmenschlich für Frauen und Babys, ein Baby von seiner Mutter zu trennen.
Deshalb wollen wir diese Praxis weltweit beenden. Das ist auch der Inhalt der Erklärung über die geschlechtsspezifischen Rechte der Frau. Alles andere ist Schönfärberei einer höchst missbräuchlichen Praxis.”[27]
Die International Coalition for the Abolition of Surrogate Motherhood Association (ICASM) erklärt:
“Die Leihmutterschaft untergräbt den Grundsatz der Menschenwürde, der die Grundlage der Menschenrechte darstellt. Sie ist eine Form der medizinischen, geburtshilflichen, symbolischen, wirtschaftlichen und psychologischen Gewalt gegen Frauen. Sie beutet sie aus und verwandelt menschliches Leben in ein Vertragsobjekt.
Im Gegensatz zu dem, was die Haager Konferenz uns glauben machen will, müssen Kinder, um ihre Menschenrechte zu respektieren, zunächst als menschliche Wesen betrachtet werden und nicht als Objekte, die durch einen Vertrag erworben werden können. Menschenrechte für Frauen bedeuten, sie als menschliche Wesen und nicht als "Gebärende" zu betrachten.
Die Regulierung einer Praxis, die gegen die Menschenrechte verstößt, führt zur Schwächung dieser Rechte. Der einzige Weg, sie zu respektieren, ist die Abschaffung solcher Praktiken.”[28]
Seit ca. 10 Jahren wird versucht, Leihmutterschaft und Eizellenspende sowie internationalen Kinderhandel zu normalisieren. Seit März 2021 liegt mit den Verona Principles[29] ein Instrument vor, das – statt die schädliche Praxis von Leihmutterschaft vollständig zu hinterfragen – eine Regulierung vorsieht. Die Principles suggerieren, am Recht der Kinder anzusetzen, die im Rahmen der Leihmutterschaft verkauft wurden. Sie ignorieren, dass die Praxis insgesamt ausbeuterisch und menschenverachtend ist und zielen nicht darauf ab, die Praxis abzuschaffen. Die Verona Principles sind kein offizielles UN-Dokument und nicht rechtlich bindend. Sie sind aus einem Kreis von im Bereich internationaler Adoptionen und Leihmutterschaft aktiven JuristInnen und BeraterInnen um Mia Dambach und den Verein CHIP herum entwickelt worden.
„Die Verona-Prinzipien erheben den Anspruch, das Thema aus der Perspektive des Kindes anzugehen. Die Autoren haben enge Verbindungen zum UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes, zur zwischenstaatlichen Organisation Haager Konferenz für Internationales Privatrecht und zur ehemaligen UN-Sonderberichterstatterin für den Verkauf und die sexuelle Ausbeutung von Kindern Maud De Boer-Buquiccio, die tatsächlich eine der treibenden Kräfte hinter dieser Initiative war. Die Verona-Prinzipien vertreten die Auffassung, dass ‚Leihmutterschaft‘ nicht ausbeuterisch ist, wenn sie auf eine bestimmte Art und Weise durchgeführt wird, z. B. wenn sie nicht gegen viel Geld erfolgt […] und wenn die Mutter ihre ‚freie Zustimmung‘ gibt.” [30]
Im Oktober 2022 haben das European Network of Migrant Women und die International Coalition for the Abolition of Motherhood eine Untersuchung vorgelegt, die belegt, dass für Leihmutterschaft und Eizellenspende in den internationalen Menschen- und Eizellenhandel eingebettet wird. Überwiegend wirtschaftlich schwache und migrantische Frauen werden zwischen verschiedenen Ländern in Europa und weltweit hin- und hertransferiert, um die jeweiligen Gesetzeslagen der einzelnen Länder für den Zweck der reproduktiven Ausbeutung zu nutzen. Die Frauen stehen unter verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Zwängen. [31]
Somit lässt sich inzwischen belegen, dass es sich bei den mafiösen Strukturen um die Feskov-Klinik nicht um einen Einzelfall handelt.
Bestrebungen zur Legalisierung auf EU-Ebene
Bedenklich stimmt, dass nicht nur FDP und Grüne in Deutschland versuchen, die Strafbarkeit der Leihmutterschaft und Eizellenspende aufzuweichen. Auch die EU-Kommission erleichtert mit ihrer Verordnung zur EU-weiten Anerkennung der Elternschaft den Kinderhandel.
Der Vorschlag der EU-Kommission vom 7.11.2022 zur Schaffung einer europäischen Elternschaftsurkunde sorgt de facto für die Anerkennung der Leihmutterschaft auch in Ländern, die sie bislang verbieten. Der Vorschlag soll nach Angabe der EU-Kommission zwar nicht „die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für das materielle Familienrecht berühren“. Die Mitgliedstaaten „werden weiterhin entscheiden, wie die Familie definiert werden soll, die materiellen Voraussetzungen und Verfahren sowie die zuständigen Behörden für die Feststellung der Elternschaft in und die sich aus der Elternschaft ergebenden Rechte und Pflichten.“ Aber die geplante Europäische Elternschaftsurkunde ermöglicht die Anerkennung der Elternschaft im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat. Und zwar unabhängig davon, ob diese Elternschaft ursprünglich in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt wurde. Damit würde die Anerkennung der Leihmutterschaft in einem EU-Mitgliedstaat wie Griechenland über den Weg der Europäischen Elternschaftsurkunde auch in einem Mitgliedstaat wie Deutschland de facto akzeptiert werden müssen.[32] Bisher geht die Anerkennung nur über einen Gerichtsbeschluss.
Es soll den Familien freigestellt sein, sich ein solches Zertifikat ausstellen zu lassen. Aber wenn sie es wünschen, wären die Mitgliedstaaten verpflichtet, es „auszustellen und zu akzeptieren“. Bisher werden diese Bedenken nur von eher konservativen bis christlich-fundamentalistischen Organisationen geteilt, die die Liberalisierung des Abstammungsrechts als „Angriff auf die christliche Kernfamilie“ ablehnen.[33] Wir Feministinnen müssen gegen diese Pläne der EU zur Elternschaftsurkunde ebenfalls Widerstand leisten und verdeutlichen, dass wir ein vollständiges und kompromissloses Verbot und eine Ächtung von Leihmutterschaft und Kinderhandel fordern.
Ein frauen- und menschenverachtender Milliardenmarkt mit dem Kinderkauf
Eizellenspende und Leihmutterschaft sind ein Milliardenmarkt. Ihre Menschenunwürdigkeit wird in der Öffentlichkeit kaum benannt. Im Gegenteil lässt sich beobachten, dass die Presse in den letzten Jahren zunehmend positiv über Personen und Paare berichtet, die ein Kind gekauft haben. Im Vordergrund stehen rührselige Geschichten über bisher verzweifelt kinderlose hetero- oder homosexuelle Paare, die überglücklich ein Baby in die Kamera halten.
Der Marktwert der Eizellenspenden-Industrie war 2022 weltweit 3,1 Milliarden Dollar. Bis 2032 wird mit einem Wachstum dieses Marktes um 6,8% gerechnet[34]. Der Markt der Leihmutter-Industrie hatte 2022 einen Wert von 172,3 Millionen Dollar und zeigt eine Wertsteigerungsrate von 6,4% bis 2028[35].
Das Schicksal der Frauen, die an dieser Praxis beteiligt sind und ihren Körper zur Ausbeutung zur Verfügung stellen, wird dagegen kaum benannt.
IVF[36] Kliniken bevorzugen Eizellenspende und Leihmutterschaft als lukrative Einnahmequelle. Neben der Einnahmen durch die Behandlung von Eizellenspenderinnen und Mietmüttern bringen folgende Untersuchungen Einnahmen:
In Vitro Fertilisation
pränatale genetische Untersuchungen
Screenings nach Fehlbildungen
Geschlechterselektion
praktizierte Eugenik
Bei älteren Frauen wird Eizellenspende und Leihmutterschaft besonders beworben. Dadurch kommen umgekehrt Frauen nicht aus dem gesellschaftlichen Druck heraus, endlich Mutter zu werden - auch nicht nach jahrelangen IVF-Behandlungen. Hier werden insbesondere ältere Frauen ab 40 anvisiert, die oft schon über 15 erfolglose IVF Behandlungen hinter sich haben.[37]
Eizellenspenden werden auch für die embryonale Stammzellenforschung gefordert.
Eizellenspende, die so harmlos klingt wie eine Spermaspende, ist ein massiver Eingriff mit starken Nebenwirkungen und nach wie vor ungeklärten Langzeitfolgen für die Spenderin. Die Frau wird zunächst hormonell in die Menopause versetzt und dann massiv hormonell stimuliert, so dass möglichst viele Eizellen gleichzeitig reifen. Die Eizellen werden operativ entnommen. Das ovarielle Hyperstimulationssyndrom kann bis zu Schlaganfall und Tod führen.
Was in Spanien zum Beispiel an Universitäten als unkomplizierte und wohltätige Möglichkeit des Nebenverdienstes für Studentinnen beworben wird (Frauen erhalten zwischen 250 und 2000 EUR pro Spende), entpuppt sich in der Realität als räuberische und gesundheitsschädigende Ausbeutung von jungen Frauen. Mit den Folgen der invasiven Hormonbehandlung und operativen Entnahme werden die Frauen meist alleingelassen. Nur ihr möglichst hochwertiges Erbgut zählt. Der Film „Eggsploitation“[38] berichtet in bedrückender Weise über die Schicksale dieser Frauen.
Frauen, die ihren Körper für eine Leihmutterschaft zur Verfügung stellen, sind vor und während der Schwangerschaft und während der Geburt Leibeigene der Agenturen und Kaufeltern. Sie geben ihr körperliches Selbstbestimmungsrecht ab. Während die Eizellenspenderinnen überwiegend nach Attraktivität, Intelligenz, Gesundheit, Sportlichkeit und somit möglichst optimalem Erbgut ausgewählt werden, sind Leihmütter meist Frauen aus wirtschaftlich schwachen Verhältnissen und/oder Migrantinnen. Die Frau wird zunächst hormonell mit dem Zyklus der Eizellenspenderin synchronisiert. Ihr werden dann mehrere befruchtete Eizellen (Zygoten) eingesetzt. Bei IVF Schwangerschaften besteht eine Misserfolgsquote von 80%. bei einer erfolgreich durch künstliche Befruchtung mit einer fremden Eizelle erzeugten Schwangerschaft ist von Komplikationen während der Schwangerschaft auszugehen, z.B. einer Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie), einer Fehllage oder Ablösung der Plazenta. Sollte eine Schwangerschaft eintreten, werden überzählige Embryonen im Mutterleib getötet. Wegen Behinderung und anderer „Mängel“ eines Fötus ist auch eine Spätabtreibung nach der 24. Schwangerschaftswoche möglich – auch gegen den Willen der Schwangeren. Sollte ein geistig oder körperlich behindertes Kind zur Welt kommen, werden diese Kinder oft nicht abgeholt und landen im Heim. Falls die Mutter es sich anders überlegen sollte und das Kind behalten möchte, hat sie diese Möglichkeit nicht. Noch nicht einmal über die Art der Geburt darf die Leihmutter bestimmen. Meist wird ein Kaiserschnitt durchgeführt.
Das Kind wird wiederum sofort nach der Geburt der Mutter genommen und den Kaufeltern übergeben. Auf die Bindung zwischen Mutter und Kind wird keine Rücksicht genommen. Dabei ist inzwischen bekannt, dass schon lange vor der Geburt eine Bindung zur Mutter in entsteht, ein Mikrochimärismus[39] zwischen Mutter und Kind besteht (Kind und Mutter tauschen Zellen aus, die lebenslang im jeweils anderen Körper verbleiben) und epigenetische Effekte während der Schwangerschaft[40] Einfluss auf Gene und Phänotyp des Kindes haben. Die Leihmutter ist gezwungen, ihre Gefühle zum wachsenden Kind in ihrem Körper abzuspalten. Die Folgen von Leihmutterschaft auf Mutter und Kind sind nicht erforscht. Unabhängig davon haben Kinder aus IVF ihr gesamtes Leben lang häufig gesundheitliche Probleme, z.B. Herzfehler oder Fehlbildungen der Gliedmaßen[41]. Darüber hinaus kann es für Kinder und die an ihrer Entstehung beteiligten Frauen ein großes Leid bedeuten, sich niemals kennenzulernen.
Was in den Katalogen der Leihmutter-Agenturen also nach einem unkomplizierten Paket für die Schaffung des Wunschkindes klingt, bedeutet Ausbeutung, Gesundheitsgefährdung und Missbrauch für die beteiligten Frauen und Kinder. Über die Folgen für die in diesem Geschäft ausgebeuteten Frauen wird nicht informiert. Auch die möglichen Folgen für die verkauften Kinder werden ausgeblendet.
Nein zu Eizellenspende, Leihmutterschaft und Kinderkauf!
Nein zur Kinderwunschmesse „Wish for a baby“!
Recherche und Mitwirkung:
Luna, Stefanie Bode, Eva Engelken
Siehe auch:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/55395/In-Vitro-Fertilisation-Ein-ethisches-Dilemma
https://www.leihmutterschaft.at/
https://www.stoppt-leihmutterschaft.at/
https://www.stopsurrogacynow.com/
http://abolition-ms.org/en/home/
https://www.gen-ethisches-netzwerk.de/
Bücher:
Renate Klein „Mietmutterschaft“
ICASM „Towards the abolition of surrogate motherhood”
[1] https://www.wishforababy.de/berlin/2023/die-messe/ueber-die-messe/
https://www.wishforababy.de/koeln/2023/die-messe/ueber-die-messe/
[2] https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/fragenkatalog-node/06-leihmutterschaft/606160
[3] FDP https://www.fdp.de/search?type=all&search_terms=Leihmutterschaft&page=0&language=de&field_themen=all&field_gremium=all
https://www.fdpbt.de/sites/default/files/2021-02/Beschluss_Leihmutterschaft.pdf
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1152307.regenbogenfamilien-nur-die-halbe-absicherung.html
Koalitionsvertrag https://www.lsvd.de/de/ct/6303-Koalitionsvertrag-Queerpolitik
Wir setzen eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ein, die Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen wird. (S. 116)
[4] https://www.filia.org.uk/latest-news/2022/2/8/why-surrogacy-should-be-banned
[5] https://leihmutterschaft-zentrum.de/
[6] https://www.wishforababy.de/berlin/2023/ausstellerliste/?letter=F
[7] https://en.wikipedia.org/wiki/Alexander_M._Feskov
[8] https://www.imabe.org/bioethikaktuell/einzelansicht/ukraine-dutzende-leihmutterschaft-babys-ueber-tschechien-ins-ausland-verkauft
[9] https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/das-geschaft-mit-der-leihmutterschaft-6149623.html
[10] https://leihmutterschaft-zentrum.de/remote-leihmutterschaftsprogramm.html
[11] https://www.derstandard.de/story/2000137937315/prag-dutzende-ukrainische-leihmutterschaft-babys-illegal-verkauft
[12] https://www.diepresse.com/6172914/dutzende-ukrainische-leihmutterschaft-babys-illegal-verkauft
[13] Schreibfehler von der Website übernommen
[14] https://leihmutterschaft-zentrum.de/remote-leihmutterschaftsprogramm.html
[15] https://leihmutterschaft-zentrum.de/vorteile-der-ukrainischen-genetik.html
[16] https://leihmutterschaft-zentrum.de/verschiedene-rassen-der-eizellspenderinnen.html
[17] https://leihmutterschaft-zentrum.de/verschiedene-rassen-der-eizellspenderinnen.html
[18] Schreibfehler von Website übernommen
[19] https://leihmutterschaft-zentrum.de/verschiedene-rassen-der-eizellspenderinnen.html
[20] https://leihmutterschaft-zentrum.de/leihmutterschaft-fuer-singles.php
[21] https://cne.news/article/1306-across-europe-single-men-can-buy-a-child
[22] https://www.theguardian.com/australia-news/2016/may/19/man-who-sexually-abused-surrogate-twin-baby-daughters-jailed-for-22-years https://www.theguardian.com/commentisfree/2014/aug/15/surrogacy-is-still-available-to-paedophiles-this-must-change-but-how
https://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4387303,00.html
https://mercatornet.com/a_toxic_combination_paedophiles_baby_farms_and_same_sex_marriage/15065/
https://archive.ph/xD1Us#selection-455.0-455.233
[23] https://www.imabe.org/bioethikaktuell/einzelansicht/ukraine-dutzende-leihmutterschaft-babys-ueber-tschechien-ins-ausland-verkauft
[24] https://freewestmedia.com/2022/08/10/ukrainian-human-trafficking-ring-with-newborns-exposed/
[25] https://www.seznamzpravy.cz/clanek/domaci-kauzy-operace-spanel-v-praze-se-prodavaji-deti-vyrobene-na-zakazku-203870
[26] https://www.seznamzpravy.cz/clanek/domaci-kauzy-operace-spanel-v-praze-se-prodavaji-deti-vyrobene-na-zakazku-203870
[27] https://www.filia.org.uk/latest-news/2022/2/8/why-surrogacy-should-be-banned
[28] http://abolition-ms.org/en/news/surrogacy-abolish-it-this-is-the-real-political-courage/
[29] https://www.iss-ssi.org/index.php/en/news1/459-march-2021-iss-launches-the-verona-principles-for-the-protection-of-the-rights-of-the-child-born-through-surrogacy
[30] https://www.filia.org.uk/latest-news/2022/2/8/why-surrogacy-should-be-banned
[31] https://www.migrantwomennetwork.org/2022/10/21/migrant-women-and-reproductive-exploitation-in-the-surrogacy-industry-joint-investigation-by-enomw-and-icasm/
[32] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/QANDA_22_7510
https://commission.europa.eu/documents_de
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_7509
[33] https://www.alliancevita.org/en/2022/01/vigilance-on-european-commissions-initiative-on-the-recognition-of-parenthood-between-member-states/
[34] https://www.gminsights.com/industry-analysis/egg-donation-market
[35] https://www.imarcgroup.com/surrogacy-market
[36] IVF = In Vitro Fertilisation / künstliche Befruchtung im Reagenzglas
[37] Buch „Mietmutterschaft“ Renate Klein
[39] https://www.spektrum.de/news/wir-omamutterkind-mischwesen/1345475
[40] https://www.aerzteblatt.de/archiv/183813/Praenatale-epigenetische-Praegung-Stand-des-Wissens
[41] https://www.jacc.org/doi/10.1016/j.jacc.2018.06.060
https://www.familienplanung.de/entwicklung-kinder-nach-ivf/
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-09/kuenstliche-befruchtung-gesundheit-risiken-embryonenschutz
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1002/bdra.20645
https://www.fertstert.org/article/S0015-0282(12)00287-7/fulltext
Dass es stimmt, dass Leihmutterschaft gesellschaftlich akzeptabel gemacht werden soll, sieht man auch daran, wie Fernsehserien damit umgehen. Freitag, 11.3.23, ZDF, Vorabend, "Bettys Diagnose" (Krankenhausserie): Eine Schwester trägt für ihren Bruder und dessen Frau ein Kind aus; das wird feinfühlig, akzeptierend begleitet.
P.S.: Beim Thema Transition agierte eine solche Vorabendserie (ARD oder ZDF, weiß es nicht mehr) noch sehr zurückhaltend: Die psychischen Probleme des Jugendlichen wurden in den Vordergrund gestellt.
Wow! Super gute arbeit!! Danke!