8 Kommentare
Feb 3, 2023Gelikt von Rona Duwe

Danke Livia und Rona für diesen Beitrag. Mir ist das 1h-Podcastformat oft zu lang (mE sind so 20 min ideal, ums weiterzuverbreiten, oder so ein 1-2 min soundbite) , aber ich finde Livias Geschichte und die von anderen "Transwitwen" unglaublich wichtig und total unterrepräsentiert!! ich finde leider kaum Beiträge, die das kurz und griffig auch auf Twitter darstellen, was hier eigentlich passiert und wie die Perspektive der weiblichen Partner aussieht. Livia, bitte hör nie auf, Dich zu äußern, Du siehst das ganze Thema sehr klar, unaufgeregt und unsentimental. Hab Hochachtung vor Dir.

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Vielen Dank, das war ungeheuer spannend. Danke auch für deinen Mut, Livia.

Mir war gar nicht so klar gewesen, dass Frauen, die sich dann trennen, so heftig kritisiert werden. Es ist doch absolut nachvollziehbar.

Das "Dableiben" stelle ich mir allerdings sehr schwierig vor, aber das muss jede Frau für sich entscheiden. Dass die Kinder nichts merken, kann ich mir nicht vorstellen. Kindern kann man eigentlich nichts vormachen, zumindest keine Stimmungen, auch wenn es für sie nicht greifbar ist, weil sie nicht benennen können, was nicht in Ordnung ist.

Alles Gute auf jeden Fall für dich und die Kinder, Livia. Es wird sicher nicht einfacher.

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Das ist ein sehr interessantes Gespräch. Livia hatte viel Raum und Zeit, um ihre differenzierte und sachliche Sicht der Dinge darzustellen, eine Sicht, die angenehm frei ist von Diffamierung und Dehmuanisierung eines Menschen mit einer Störung, von der sie selbst sagt, dass ihr Mann sie wohl kaum mehr losbringen wird, selbst wenn er wollte.

Mir ist völlig klar, dass diese Störung eine schwere Belastung und fast unzumutbare Bedrückung für Frauen darstellt. Aber Männer handeln sie sich, so wie ich das verstanden habe, nicht unbedingt freiwillig und nicht unbedingt von heute auf morgen ein und wahrscheinlich, in mehr oder weniger starker Ausprägung, in größerem Ausmaß, als wir vermuten. Auch das ist ein wichtiger Aspekt, den Livia hier zur Sprache bringt.

Mich beschäftigt vor allem Livias Satz: „Das sind alles Männer, die Frauen nicht als Ganzes betrachten.“ Das stimmt ja offensichtlich, liegt aber mutmaßlich daran, dass Männer Schwierigkeiten damit haben, sich selbst als Ganzes zu betrachten. (Und haben Frauen diese Schwierigkeiten vielleicht manchmal auch? Immerhin steigt die Zahl der "Transmänner" ja in besorgniserregendem Ausmaß, aber dies sei jetzt mal nur am Rande vermerkt.)

Um auf Männer zurückzukommen, nehme ich auf Livias Worte Bezug: „Er hat Probleme damit, als Mann glücklich zu sein.“ Sein Fetisch bringt nicht nur erotische Stimulation, sondern auch Entspannung in sein Leben. Also eine Art Wärme. Auch das betont Livia mit Grund und zu Recht.

Was aber brauchen Menschen, um sich als ganz und heil zu erleben? Meiner Meinung nach ist der positive Spiegel im anderen Geschlecht unverzichtbar, um individuelle Stärke und psychische Gesundheit zu entwickeln. Man denke nur an Alice Schwarzer, deren wichtigster Mensch in der Kindheit ein fürsorglicher Großvater war. Ich wette, Alice Schwarzer hätte die ungewöhnliche Stärke, die Unzerstörbarkeit, die sie hat, nicht entwickeln können, hätte ihr dieser Spiegel gefehlt.

Und Livia hat ja schon mehrfach erzählt auf Twitter, dass das Verhältnis zur Mutter für ihren Mann eine Schwierigkeit war, aus Gründen, für die er als Kind bestimmt nichts konnte. Kein Kind kann über die Verhältnisse bestimmen, in die es hineingeboren wird, jedes Kind ist der Psychodynamik zwischen seinen Eltern ausgeliefert, und kein Kind hat die Macht, Beschädigungen, die in dieser Dynamik für die eigene Person entstehen, abzuwehren.

Nun ist dieser Spiegel aber, der meiner Meinung nach so wichtig für Menschen ist, sehr getrübt, sehr zerbrochen, natürlich hauptsächlich durch die jahrtausendealten Machtverhältnisse in traditionalen Gesellschaften, aber auch durch die Irrtümer des modernen Geschlechterdiskurses. Und hier können wir als Frauen, genauso als Männer, durchaus etwas dagegen tun. Wir können den Spiegel heilen, klären. Das ist möglich – ich bin davon überzeugt.

Man müsste zunächst mal die Tatsache anerkennen, dass Zweigeschlechtlichkeit nicht nur eine rein biologische, rein funktionale Angelegenheit ist. Man müsste dem Irrtum abschwören, dass die weibliche Biologie nichts weiter ist als die Grundlage für die Herstellung von Frauen durch "Othering" – ein Irrtum, dem meiner Meinung nach auch Simone de Beauvoir („Das andere Geschlecht“) aufgesessen ist. Frauen gibt es nicht deswegen, weil sie als das „Andere“ des Mannseins hergestellt werden. Männer und Frauen, Maskulinität und Femininität in all ihren vielen Spielarten, sind real.

Es führt in die Irre zu glauben, es gäbe keinen bedeutungsvollen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Sie haben unterschiedliche Körper, auch die Psyche funktioniert nicht deckungsgleich, kann es gar nicht unter dem Einfluss unterschiedlicher Hormone und Körpererfahrungen.

Wäre es anders, gäbe es weder gleichgeschlechtliche noch gegengeschlechtliche sexuelle Anziehung. Wäre es anders, würde es keinen Unterschied machen, ob man eine Tochter oder einen Sohn hat, ein Vater oder eine Mutter ist. Es macht aber einen Unterschied. Ich glaube nicht, dass diese Erfahrung etwas „gesellschaftlich Konstruiertes“ ist. Es ist eine Tatsache, die anerkannt werden muss, als eine Tatsache des Lebens, die Achtung verdient.

Ich bin keine Differentialistin, die glaubt, dass Frauen dazu da sind, in einer kalten Männerwelt die weichen Werte zur Geltung zu bringen. Ich glaube an das gemeinsame Menschsein von Männern und Frauen, an Möglichkeiten und Bedürftigkeiten, die allen Menschen gemeinsam sind, an universale Werte. Aber wir müssen auch die triebhafte Ebene des Menschseins anerkennen, die der Zweigeschlechtlichkeit entspringt, und wir brauchen den Spiegel des anderen Geschlechts, um menschlich zu fühlen und zu denken, die geistige und die triebhafte Ebene menschlicher Welterfahrung in humaner Weise zu integrieren, uns gemeinsam in der objektiven Realität, die Grundlage allen menschlichen Lebens, zu verwurzeln.

Ein Spiegel, der sich abkehrt, der zersplittert ist, verletzt Menschen in der Tiefe.

Auch ich habe Probleme mit der Kürze. Sorry. Der Podcast aber ist meiner Meinung nach keineswegs zu lang.

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