Frauen, die sich für ihre Interessen und Rechte einsetzen, wurde schon immer Hass unterstellt. Feministinnen seien per se Männerhasserinnen, bräuchten einfach mal guten Sex oder seien sowieso für jeden Mann zu hässlich. Sie seien lustfeindlich, prüde, intolerant und von gestern. Außerdem seien sie alte, konservative Tanten vom Land, die vom modernen Stadtleben keine Ahnung hätten. Oder sie hätten furchtbar schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht und seien deswegen so schlimm verbittert – ein bedauerlicher Einzelfall.
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Da viele Frauen sich über ihre Attraktivität für Männer definieren, treffen diese Vorwürfe etliche Frauen. Daneben ist das wirtschaftliche und gesellschaftliche Auskommen und Ansehen vieler Frauen immer noch davon abhängig, einen Mann an ihrer Seite zu haben. Frauen wollen daher keinesfalls zu diesen schlecht gelaunten, altmodischen Emanzen gehören, die jeder Mann von der Bettkante stößt. Frauen beteiligen sich also selbst daran, andere Frauen auszugrenzen und unterstützen damit die Spaltung unter Frauen. Die Spaltung unter Frauen und der mangelnde Zusammenhalt dient aber dem Machterhalt von Männern.
Wenn Männer es schaffen, feministisch aktive Frauen als feindselig darzustellen und Frauen gegeneinander aufzubringen, bleibt das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen erhalten.
Nette Frauen erreichen nichts
Tatsache ist: Kein einziges Frauenrecht wurde jemals durch Nettigkeit erkämpft. Und: Kein einziges Frauenrecht wurde dadurch durchgesetzt, dass Männer nett zu Frauen waren und verständnisvoll ihre Befreiungskämpfe unterstützt haben. Unsere Ahninnen sind für Rechte, die uns heute selbstverständlich erscheinen (wie z.B. das Frauenwahlrecht), beschimpft, ausgegrenzt und verhaftet worden oder sogar gestorben. Auch heute noch verfügt keine Frau in Deutschland über ein volles Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper. Durch aktuelle politische Bestrebungen wie z.B. das „Selbstbestimmungsgesetz“ stehen viele mühsam erkämpfte Frauenrechte wieder auf dem Spiel.
Der neueste Clou ist nun, dass Frauen neben Männer- und Väterhass, Transfeindlichkeit und Transphobie unterstellt werden kann.
Das ist ein äußerst geschickter Move, denn hier wird nicht nur an den Wunsch von Frauen appelliert, attraktiv für Männer zu bleiben, sondern darüber hinaus an ihr Mitgefühl mit Minderheiten. Feministinnen sind also nicht nur männerhassend und unattraktiv, sondern nun auch durch eine Phobie ernsthaft psychisch krank und feindselig gegenüber Menschen, die angeblich die marginalisiertesten Personen der Welt sind. Die Vorwürfe gegenüber Feministinnen gehen inzwischen so weit, dass ihnen die Verantwortung für Suizide dieser Personen oder Gewalttaten zur Last gelegt werden. Dabei geht es überwiegend um Personen männlichen Geschlechts, die durch ihre „Transidentität“ angeblich weitaus mehr diskriminiert, verfolgt und von Gewalt betroffen sind, als Frauen.
Frauen, die für Frauenrechte kämpfen, sind nun also dafür verantwortlich, dass Männer attackiert werden oder sterben müssen.
Wenn also Frauen sich in ihrer eigenen Befreiungsbewegung – dem Feminismus – nicht um diese Männer kümmern, erzeugen sie furchtbares Leid. Da Männer jetzt Frauen sein können, müssen Frauen nun auch für Männer kämpfen, selbst wenn diese Männer sich weiterhin übergriffig oder gewalttätig gegenüber Frauen verhalten. Sobald ein Mann sich zur Frau erklärt, liegt über seinem Verhalten ein Schutz- und Tarnmantel, der ihn über jede Kritik erhaben macht und Scharen von Frauen für seine Verteidigung gegen Feministinnen mobilisiert. Frauen gehen also nicht nur in die Falle ihrer Selbstdefinition über Männer, sondern in eine weitere Falle ihrer Empathie. Leider gilt das in diesem Fall auch für Frauen, die sich selbst als Feministinnen oder zumindest als genderkritisch definieren.
Eine Transidentität gesteht offensichtlich Männern einen besonderen Schutz von Frauen zu, den kein anderer Mann in dieser Form erhält.
Frauenhass ist universell
Die Realität ist, dass weit überwiegend Männer Frauen beleidigen, diskriminieren, angreifen und töten. Auch Männer, die homosexuell oder gendernonkonform sind oder sich als Frau darstellen, werden von MÄNNERN angegriffen und getötet. Im Vergleich zu den Gewalttaten und Morden an Frauen, sind die Gewalttaten und Morde an „Transfrauen“ verschwindend gering. Daneben zeigen auch Männer mit einer behaupteten Transidentität typisch männliches Gewaltverhalten gegen Frauen (siehe auch hier). Straffällige Männer nutzen schon jetzt die Möglichkeit, sich zur Frau zu erklären, um ins Frauengefängnis verlegt zu werden. Darunter sind viele Täter, die Frauen vergewaltigt oder ermordet haben. Sie führen ihre Übergriffe gegen Frauen in Gefängnissen weiter fort. Frauen sind also mit männlichen Tätern eingesperrt.
Die Realität ist auch, dass tatsächlich viele Frauen durch schlimme, eigene Erfahrungen mit Männergewalt feministisch aktiv werden und durch diese Erfahrungen in besonderer Weise zornig und mobilisiert sind. Wer sollte es ihnen verdenken? Wir müssen uns nur die Statistiken zu Femiziden in Deutschland zu Gemüte führen, die steigenden Zahlen häuslicher Gewalt und Vergewaltigungen, der weiterhin bestehende Gender Pay und Care Gap, die institutionelle Gewalt an Familiengerichten, die systematischen Gewalttaten gegen Frauen und Kinder in Pornographie und Prostitution. Schauen wir in andere Länder dieser Welt, tritt der Frauenhass noch deutlicher zu Tage.
All dies belegt, wie sehr Männer Frauen hassen und wie sehr sich dieser Frauenhass auf unsere Gesellschaft und das Leben jeder einzelnen Frau auf der ganzen Welt auswirkt. Gleichzeitig wird aber gegen diesen Frauenhass von Männern nur wenig getan, auch wenn er volkswirtschaftlich horrende Summen verschlingt.
Männerhass heißt Unbequemlichkeit
Falls Frauen durch die schlimmen Erfahrungen, die sie mit Frauenhass gemacht haben, beginnen, Männer zu hassen, hat das für Männer keine Folgen – außer, dass diese Frauen oft kein Interesse mehr an Männern haben und einige ihre Energie in den Feminismus stecken, um andere Frauen zu unterstützen. Frauen, die sich nicht mehr über Männer definieren und stattdessen mit Frauen solidarisch agieren und Fraueninteressen zentrieren, sind für Männer sehr unbequem. Sie stellen allerdings keine Gefahr oder gar Lebensgefahr für Männer dar. Sie schränken lediglich den Spielraum für Männer in überschaubarer Form ein und setzen Männern deutliche Grenzen.
Dasselbe gilt für Frauen, die als transfeindlich oder transphob beschimpft werden: Selbst wenn sie sich über Männer lustig machen, die sich zur Frau erklären, stellen Frauen keine ernsthafte Gefahr für diese Männer dar. Was diesen Männern verloren geht, ist die Bestätigung, Validierung und Unterstützung durch Frauen. Auch sie verlieren also Bequemlichkeit und Fürsprecherinnen. Im Gegensatz zu ihrer eigenen Darstellung, ist aber ihre Existenz durch Feministinnen nicht gefährdet. Sie existieren auch weiterhin. Der einzige Unterschied ist, dass Feministinnen sie nicht als Frauen anerkennen und sie gemäß ihrer körperlich-materiellen Realität einordnen. Das ist kein Absprechen einer Existenzberechtigung und es ist auch keine Existenzgefährdung.
Männer, die gendernonkonforme Männer angreifen und töten, lesen wiederum keine feministische Literatur und lassen sich nicht durch Feministinnen beeinflussen. Insofern zieht auch die Behauptung nicht, dass ausgerechnet Feministinnen eine trans- bzw. männerfeindliche Gesellschaft befördern.
Weiterhin ist unsere Gesellschaft sehr männerfreundlich ausgerichtet und gewährt Männern allein aufgrund ihres Geschlechts sehr viele Vorteile. Wenn Männer Frauen mehr Spielraum und Rechte zugestehen müssen, geht ihnen immer noch wenig verloren und sie existieren weiterhin. Sie existieren sogar allein, weil Frauen existieren. Insofern sollte es EIGENTLICH auch im Interesse von Männern sein, dass Frauen eine optimale Stellung in der Gesellschaft haben.
Frauen, riskiert Euren Ruf
Mein Appell an Frauen lautet daher, dass sie sich weder durch Vorwürfe des Männerhasses, noch durch Vorwürfe der Transfeindlichkeit davon abhalten lassen sollten, ihre Rechte überzeugt zu vertreten. Frauenrechte sind Menschenrechte. Frauen steht eine volle Anerkennung als Menschen zu und Frauen steht es zu, vor männlicher Gewalt geschützt zu werden. Dazu gehört ganz wesentlich, dass Frauen ihre eigene Wahrnehmung und ihre Grenzen nicht zugunsten von Männerbedürfnissen und -gefühlen verraten oder überschreiten sollten. Die Sicherheit von Frauen sollte über den verletzten Gefühlen von Männern stehen.
Frauen wird immer vorgeworfen werden, dass sie feindselig, hasserfüllt oder menschenfeindlich seien, wenn sie die selbstverständliche Forderung stellen, sich aus der patriarchalen Unterdrückung und Gewalt zu befreien. Frauen, die Männern Grenzen setzen und Forderungen stellen, werden immer ganz besonders viel Widerstand und Hass von Männern erfahren, weil sie für andere Frauen ein Vorbild sein können: Sie stellen den ungerechtfertigten Machtanspruch von Männern in Frage und fordern ihn heraus.
Daher sollten wir unsere Zeit nicht damit verschwenden, ob wir transfeindlich oder männerfeindlich wirken. Wir sollten weiterhin überzeugt unser Ziel verfolgen:
Die Befreiung aller Frauen.
Ein ganz toller Artikel! Genau so ist es. Es ist total wichtig, dass wir uns von niemandem einschüchtern lassen. Super! 👍👏👏👏
Danke für die Klarheit.